Alltag und das gesellschaftliche ‚Hören‘

Die Arbeit bricht über mich zusammen. Komischerweise schreibe ich nicht „Ich breche unter der Last der Arbeit zusammen“. Dieser Blickwinkel tut sich mir so nicht auf. Möglicherweise, weil ich als Freiberufler Arbeitszeitschienen selbst bestimmen kann. Und trotzdem:Ich habe alle Anzeichen eines BurnOuts. Es ist nicht so, dass ich auf allen Knien krauche. Nein, ich stehe auf der letzten Stufe. Ein Schritt mehr zurück, und ich falle ins Nichts.Vor einer Woche trat unter anderem etwas ein, womit ich nicht gerechnet habe, dass es wieder eintritt: Ich habe wieder angefangen zu stottern. Das letzte Mal war in der Pubertät, als ich mich durch die Regelschule und zum Abitur durchkämpfte. Ja, durchkämpfte. Hörbehinderte und Gehörlose unter Euch wissen, was ich meine. Übrigens, bei Kommunikation mit Gebärdensprache stottere ich nicht. Was ich meine, ist das lautsprachliche Stottern. Meine Stärken ist definitiv die Schriftsprache. Ohne Bücher, ohne Lesen und Schreiben? Kaum auszudenken. Kürzlich einen Artikel in der Osnabrücker Zeitung gelesen: ‚Agentur für Arbeit verweigert gehörlosem [Azubi] Schriftdolmetscher‘. Klar, ist nicht mein Problem. Trotzdem, ich habe bei solchen Schlagzeilen fetten Pipi in den Augen. Das und weitere (amtlichen) Dinge des Alltags waren und sind weiterhin ständig auch meine Begleiter. Kämpfen, kämpfen, kämpfen… bis… zum Erbrechen. Und jetzt? Ich trainier also Hören bis zum Umfallen (will gar nicht mehr, weil: ich erreiche niemals einen Normalohörstatus ohne Mundabsehen), erledige die Arbeit und Ehrenamt im Spagat, daneben immer wieder behördliches Formularausfüllen (ach ja Finanzamt-Angelegenheiten, Versicherungen nicht zu vergessen), mein Energielevel pegelt sich gegen Null ein, Schlafen kann ich schon lange nicht mehr richtig. Und dann erfahre ich von anderen in den Gesprächen deren Jammern. Auf einem anderen Niveau.

¯\_(ツ)_/¯ C’est la vie!